
NS-Imperialismus: Übersicht
Einführung
Die Geschichtswissenschaft hat die NS-Ideologie und -Politik gegenüber Osteuropa vor dem Hintergrund des Imperialismus und Kolonialismus genauer untersucht.
- Unter Imperialismus versteht man die Ausweitung der Macht eines Staates über Länder oder Völker jenseits seiner Grenzen, was beispielsweise durch Eroberung, Übernahme oder die Ausweitung der politischen oder wirtschaftlichen Kontrolle erfolgen kann.
- Kolonialismus ist eine Form des Imperialismus, bei der ein Staat die Kontrolle über ein Gebiet erlangt, indem er es mit Menschen von außerhalb dieses Gebiets besiedelt.
In der Neuzeit haben viele Staaten eine Politik des Imperialismus und Kolonialismus verfolgt, die zum Teil auf rassistischen Annahmen über die indigenen Völker beruhte, die sie unter ihre Kontrolle bringen wollten. Adolf Hitler vertrat die Auffassung, dass das deutsche Volk dazu bestimmt sei, Osteuropa zu kontrollieren. Teile Osteuropas sah er als rechtmäßigen Lebensraum des deutschen Volkes an.
Hitlers Ziel ging jedoch über die rein territoriale Eroberung Osteuropas hinaus. Sein Plan war es, den Großteil der „minderwertigen“ einheimischen Bevölkerung durch Deutsche und Menschen „germanischen Blutes“ zu ersetzen. Bedingt durch den rassistischen Imperialismus der Nationalsozialisten verfolgte das Regime im Osten Europas eine ganz andere Besatzungspolitik als in West- und Südeuropa.
Nationalsozialistische Motive im Osten
Die imperialistischen Pläne der Nationalsozialisten für Osteuropa wurden durch mehrere Faktoren bestimmt.
Der erste Faktor war die rassistische und historisch irrige Annahme, die Länder Osteuropas seien im Grunde deutsch, jedoch derzeit von rassisch minderwertigen Gruppen besetzt. Dieser Mythos baute darauf auf, dass die Germanen seit dem Mittelalter in ganz Osteuropa gesiedelt hatten. Die Überzeugung, dass die Germanen diese Länder einst beherrscht hätten, war für die Nationalsozialisten Grund genug, diese zurückerobern zu wollen.
Ein weiterer Faktor, der sich auf die Pläne der Nationalsozialisten für den Osten auswirkte, war Hitlers Auslegung der Gründe für die Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg. Hitler war der Ansicht, dass die Not, die durch die von den Alliierten verhängte Blockade verursacht worden war, die Deutschen anfällig für innere Feinde, insbesondere Juden und Kommunisten, gemacht habe.
Der dritte Faktor war die Überzeugung der Nazis von der Existenz einer „jüdisch-bolschewistischen Bedrohung“. Diesem Mythos zufolge handelte es sich beim Kommunismus um eine jüdische Verschwörung zum Nachteil der Deutschen. Die Sowjetunion stellte laut NS-Ideologie eine existenzielle Bedrohung dar. Diese Überzeugung diente den Nazis als Rechtfertigung für die Massenmorde an Juden, kommunistischen Funktionären und sowjetischen Kriegsgefangenen.
Umsetzung des nationalsozialistischen Imperialismus
Die Pläne der Nationalsozialisten für den Osten waren sowohl imperialistisch als auch kolonialistisch geprägt. Einige Gebiete, vor allem in Polen, wurden direkt in das Reich eingegliedert. Andere wurden als Kolonien verwaltetet und ausgebeutet. Die Pläne sahen die Ansiedlung „rassisch geeigneter“ Deutscher in den eroberten Gebieten und die Vertreibung oder Ermordung der einheimischen Bevölkerung vor.
Die nationalsozialistische Vision des Lebensraums beruhte auf einer lange Zeit vertretenen, falschen geschichtlichen Auffassung eines germanischen Ostens. Radikalisiert wurde diese Sichtweise durch die rassistische und imperialistische Ideologie der Nationalsozialisten, in der Massenmord und „ethnische Säuberung“ als legitime Mittel zum Zweck galten. Ihr ultimatives Ziel hat diese Ideologie zwar nie erreicht, jedoch resultierte sie in einer Politik, die den Tod von Millionen von Menschen durch Hunger, Krankheit und Ermordung zur Folge hatte.