Lithuanian collaborators guard Jews before their execution.

Kollaboration

Zur Umsetzung der „Endlösung“ waren die deutschen Behörden auf die Unterstützung der Achsenmächte und lokaler Kollaborateure angewiesen. Kollaborateure begingen einige der schlimmsten Gräueltaten der Holocaust-Ära.

Wichtige Fakten

  • 1

    Die Regierungen der Achsenmächte sowie Polizei- und Militärbehörden halfen beim Zusammentreiben und Deportieren von Juden in die Tötungszentren. Sie beteiligten sich aktiv an der Ermordung von Juden und verübten in mehreren Fällen auch Gräueltaten gegen ihre jüdischen Mitbürger im eigenen Land.

  • 2

    In den von ihnen besetzten Gebieten, vor allem im Osten, waren die Deutschen auf einheimische Hilfskräfte angewiesen (Zivil, Militär und Polizei), um die Vernichtungsaktionen gegen die jüdische Bevölkerung umsetzen zu können.

  • 3

    Die Regierungsbehörden der Achsenmächte und lokale Hilfskräfte in den von Deutschland besetzten Regionen spielten eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung von Enteignungen, Deportationen in Zwangsarbeiterlager und Massenmorden an nichtjüdischen Bevölkerungsgruppen. 

Einführung

A group of young girls pose in a yard in the town of Eisiskes. The Jews of this shtetl were murdered by the Einsatzgruppen on September 21, 1941. Photo taken before September 1941.

Junge Mädchen posieren auf einer Wiese in der Stadt Eisiskes. Die Juden dieses Schtetls wurden am 21. September 1941 von den Einsatzgruppen ermordet. Das Foto entstand vor September 1941.

Nachweise:
  • United States Holocaust Memorial Museum, courtesy of The Shtetl Foundation

In Europa veranlassten Antisemitismus, Nationalismus, ethnischer Hass, Antikommunismus und Opportunismus die Bürger der einzelnen Nationen dazu, das NS-Regime bei der Vernichtung der europäischen Juden und bei der Umsetzung anderer rassenpolitischer Maßnahmen zu unterstützen. Diese Zusammenarbeit (Kollaboration) war ein entscheidendes Element bei der Umsetzung der „Endlösung“ und dem Massenmord an anderen vom NS-Regime verfolgten Zielgruppen.

Kollaborateure begingen einige der schlimmsten Gräueltaten der Holocaust-Ära.

Dieser Artikel befasst sich mit der Kollaboration seitens der deutschen Verbündeten und der besetzten Länder oder Regionen.

Deutschlands Achsenpartner

Die europäischen Achsenpartner Deutschlands kooperierten mit dem NS-Regime, indem sie antijüdische Gesetze erließen und durchsetzten. In einigen Fällen übergaben sie ihre jüdischen Bürger und/oder Bewohner in deutschen Gewahrsam und unterstützten so deren Deportation in die Tötungszentren oder Arbeitslager.

Jews are forced into boxcars destined for the Belzec killing center.

Juden werden in Güterwagen gezwungen, mit denen sie in das Vernichtungslager Belzec deportiert werden. Lublin, Polen, 1942.

Nachweise:
  • YIVO Institute for Jewish Research, New York

In einigen Achsenstaaten terrorisierten, beraubten und ermordeten faschistische paramilitärische Organisationen einheimische Juden. Dies geschah entweder unter deutscher Führung oder auf eigene Initiative. Die Hlinka-Garde in der Slowakei, die Eiserne Garde in Rumänien, die Ustascha in Kroatien und die Pfeilkreuzler in Ungarn waren für den Tod von tausenden von Juden in ihren jeweiligen Ländern verantwortlich. In diesen und anderen Staaten spielten Militär, Polizei und Gendarmerie eine Schlüsselrolle bei der Enteignung, Konzentration und Deportation jüdischer Einwohner in ihren Ländern.

In Ungarn, der Slowakei, Kroatien, Bulgarien und auch in Vichy-Frankreich waren Polizei, Militär und Gendarmerie für die Umsetzung der deutschen Politik unerlässlich. Dies galt insbesondere für die Deportation von Juden, die in den Gebieten unter deutschem Einfluss oder deutscher Kontrolle lebten, in die Tötungszentren im Osten.

Kroatien

Die kroatische Ustascha-Regierung errichtete eigene Konzentrationslager. Bis Ende 1942 hatten die kroatischen Behörden mehr als zwei Drittel der kroatischen Juden (rund 25 000) getötet, viele von ihnen im Lagersystem von Jasenovac. Die kroatische Polizei und die Ustascha-Miliz töteten außerdem zwischen 320 000 und 340 000 ethnische Serben. Einige von ihnen wurden in Jasenovac ermordet, die meisten jedoch in den Dörfern, in denen sie lebten. Slowakische Beamte deportierten im Laufe des Jahres 1942 in Zusammenarbeit mit den Deutschen fast 80 Prozent der jüdischen Bevölkerung der Slowakei.

Italien, Ungarn und Bulgarien

Italien und Ungarn arbeiteten in vielerlei Hinsicht mit Deutschland zusammen, unter anderem durch den Erlass antisemitischer Gesetze. Allerdings deportierten Italien und Ungarn erst dann Juden, als diese Länder selbst von Deutschland besetzt wurden.

Bulgarien unterstützte die Deutschen bereitwillig bei der Deportation von Juden aus den Gebieten, die infolge der Zerschlagung Jugoslawiens und der Besetzung Griechenlands durch die Achsenmächte von den Bulgaren besetzt worden waren. Angesichts des Widerstands von Seiten der Bevölkerung und Vorbehalte aus den Reihen der eigenen Regierung waren die bulgarischen Behörden nicht bereit, Juden aus Bulgarien zu deportieren. Allerdings enteigneten sie zahlreiche Juden und stellten männliche Juden in den Jahren 1943 und 1944 zur Zwangsarbeit ab.

Rumänien

Rumänische Gendarmerie- und Militäreinheiten ermordeten und deportierten rumänische und ukrainische Juden in den wieder annektierten Provinzen Bukowina und Bessarabien sowie in dem von Rumänien verwalteten Transnistrien in der Ukraine. Dennoch weigerte sich die rumänische Regierung, Juden aus den Kernprovinzen Rumäniens (Moldawien, Walachei, Südtranssylvanien und Banat) zu deportieren.

Länder und Regionen unter deutscher Besatzung

Viele Menschen in den von Deutschland besetzten Ländern und Regionen arbeiteten mit den deutschen Besatzungsbehörden zusammen.

Site where members of Einsatzgruppe A (mobile killing unit A) and Estonian collaborators carried out a mass execution of Jews in ...

An diesem Ort führten die Einsatzgruppe A und estnische Kollaborateure im September 1941 Massenhinrichtungen von Juden durch. Kalevi-Liiva in Estland nach September 1944. 

Nachweise:
  • DIZ Muenchen GMBH, Sueddeutscher Verlag Bilderdienst

Lokale Hilfskräfte

Estnische, lettische, litauische, ukrainische und deutschstämmige Kollaborateure spielten eine wichtige Rolle bei der Ermordung von Juden in ganz Ost- und Südosteuropa. Viele dienten als Grenzwächter in den Tötungszentren und waren an der Ermordung von Hunderttausenden von Juden durch Giftgas beteiligt. Andere, insbesondere sogenannte Volksdeutsche aus Südosteuropa, unterstützten das nationalsozialistische Konzentrationslagersystem, vor allem nach 1942.

Litauer, Letten, Esten, Weißrussen und Ukrainer bildeten spontan Gruppen, die dann von der deutschen SS und der Polizei aufgelöst und neu organisiert wurden. Von Anfang an töteten die Mitglieder dieser „Partisanengruppen“ oder „Selbstverteidigungsgruppen“ hunderte von Juden sowie tatsächliche und vermeintliche Kommunisten. Die von den Deutschen neu organisierten Einheiten waren rücksichtslos und erwiesen sich als zuverlässige Polizeihelfer. So unterstützten sie beispielsweise die zivile, militärische, SS- und deutsche Polizei bei der Durchführung von Massakern an Hunderttausenden von Juden und Millionen von Nichtjuden in der besetzten Sowjetunion.

Während der gesamten Besatzungszeit rekrutierten die Deutschen unter der sowjetischen Bevölkerung weiterhin Hilfskräfte für ihre Polizei- und Militäreinheiten und Zivilverwaltungen.

The Margules children wearing Jewish badges. Originally from Warsaw, the Margules family settled in Paris in the 1930s.

Die Kinder der Familie Margules tragen den „Judenstern“. Die ursprünglich aus Warschau stammende Familie Margules ließ sich in den 1930er Jahren in Paris nieder. Drei der Kinder wurden 1942 deportiert und getötet. Nur eine Tochter (rechts unten im Bild) überlebte den Krieg. Paris, Frankreich, 1941.

Nachweise:
  • US Holocaust Memorial Museum, courtesy of Mirka Margules Weinberger

Vichy-Frankreich

Die Vichy-Regierung kooperierte mit den Deutschen, indem sie das Judengesetz Statut des Juifs erließ. Dieses Statut des Juifs definierte Juden nach rassischen Kriterien und schränkte ihre Rechte ein. Die Behörden von Vichy kollaborierten aktiv und ergriffen sogar die Initiative. So errichteten sie Internierungslager in Südfrankreich, verhafteten ausländische und französische Juden und wirkten bei der Deportation von Juden mit (meist ausländische Juden mit Wohnsitz in Frankreich) in die Tötungszentren in dem von Deutschland besetzten Polen.

Die Vichy-Regierung übergab den Deutschen auch spanische und internationale Kämpfer, die an der Verteidigung der spanischen Republik gegen die Franco-Rebellen beteiligt waren. Nach dem Sieg Francos und der Errichtung eines konservativen, autoritären Regimes im Jahr 1939 hatten die so genannten spanischen Republikaner oder „Rotspanier“ in Frankreich Zuflucht gesucht, um der unter Umständen auch tödlichen Verfolgung in Spanien zu entkommen. Das Vichy-Regime lieferte mehrere Tausend Bürgerkriegsflüchtlinge an die Deutschen aus, welche sie in Konzentrationslager einsperrten, wo Tausende von ihnen starben.

Norwegen, Belgien und die Niederlande

Nach der deutschen Invasion in Norwegen im April 1940 ernannte sich der norwegische Faschist Vidkun Quisling zum Premierminister. Die Deutschen waren schnell unzufrieden mit ihm und bauten ihre eigene Regierung auf, benutzten Quisling jedoch vorübergehend als Aushängeschild. Der Name Quisling etablierte sich im englischen Sprachgebrauch als Begriff, mit dem eine Person bezeichnet wird, die ihr Land durch Kollaboration mit einem feindlichen Besatzer verrät.

Die norwegische Polizei und paramilitärische Formationen unterstützten die SS- und deutschen Polizeieinheiten bei der Deportation von Juden nach Auschwitz-Birkenau. Ebenso arbeiteten die lokalen Zivil- und Polizeibehörden in Belgien und den Niederlanden eng mit den Deutschen zusammen. Sie halfen dabei, die in diesen beiden Ländern wohnhaften Juden zusammenzutreiben und zu deportieren.

Thank you for supporting our work

We would like to thank Crown Family Philanthropies, Abe and Ida Cooper Foundation, the Claims Conference, EVZ, and BMF for supporting the ongoing work to create content and resources for the Holocaust Encyclopedia. View the list of all donors.

Glossar