
Antisemitism: An Introduction
Als Antisemitismus oder Judenfeindlichkeit bezeichnet man Vorurteile oder Hass gegenüber Juden. Dieser Hass war Grundlage des Holocaust. Antisemitismus gab es jedoch schon vor dem Holocaust und er endete auch nicht mit dem Holocaust. Antisemitismus gibt es seit Tausenden von Jahren. Oft hat er die Form einer systematischen Diskriminierung und Verfolgung von Juden angenommen. Antisemitismus hat wiederholt zu schwerer und tödlicher Gewalt gegen jüdische Menschen geführt.
Wichtige Fakten
-
1
Antisemitismus basiert auf einer Reihe von hassgeprägten Überzeugungen und Vorstellungen, die historisch, sozial und kulturell tief verwurzelt sind. Über viele Jahrhunderte spielte das Christentum eine zentrale Rolle bei der Entwicklung und Verbreitung des Antisemitismus in Europa, wo Juden seit jeher eine Minderheit waren.
-
2
Heute werden antisemitische Ideen und Stereotype von Menschen mit unterschiedlichstem Hintergrund und aller Religionen sowie aus dem gesamten politischen Spektrum vertreten.
-
3
Antisemitismus äußert sich häufig in Form von Schuldzuweisungen und Verschwörungstheorien, die auf Stereotypen und Tropen beruhen. In diesen Theorien werden jüdische Menschen fälschlich als gefährlich für die Gesellschaft oder sogar die Welt dargestellt.

Als Antisemitismus oder Judenfeindlichkeit bezeichnet man Vorurteile oder Hass gegenüber Juden. Er ist eine Form von religiöser Intoleranz und Rassismus. Über Jahrhunderte haben Antisemiten Juden durch die Verbreitung antisemitischer Tropen, Stereotype und Verschwörungstheorien dämonisiert und entmenschlicht.
Antisemitismus basiert auf von Hass geprägten Überzeugungen und Vorstellungen über Juden, die jüdische Religion und das Judentum. Er beruht auf alten und weit verbreiteten Vorurteilen. Das Wort „Antisemitismus“ an sich ist hingegen viel neuer. In Deutschland kam der Begriff Antisemitismus Ende des 19. Jahrhunderts auf.
Antisemitismus war eine treibende Kraft, die dem Holocaust zuspielte. Unter dem Holocaust (1933-1945) versteht man die systematische, vom Staat geförderte Verfolgung und Ermordung von sechs Millionen europäischen Juden durch das NS-Regime, seine Verbündeten und seine Kollaborateure. Die Nationalsozialisten stützten sich auf jahrhundertealte Vorurteile und Hass gegen Juden, um die Menschen zum Völkermord anzustacheln.
Antisemitismus gab es jedoch schon vor dem Holocaust und er endete auch nicht mit ihm. Über Jahrhunderte haben Menschen unterschiedlicher Religionen, sozioökonomischer Schichten, politischer Ansichten und nationaler Hintergründe antisemitische Vorurteile und Überzeugungen geäußert oder danach gehandelt. Antisemitismus gipfelt häufig in Diskriminierung und Gewalt gegen Juden.
In Europa reichen antijüdische Vorurteile und Hass bis in die Antike und das frühe Christentum zurück. Jahrhundertelang waren Juden in vielen europäischen Königreichen, Kaiserreichen und Ländern eine Minderheit, die oft verfolgt wurde. Vorurteile gegen Juden waren sowohl im Mittelalter (ca. 500-1400), in der frühen Neuzeit (ca. 1400-1789) als auch im 18. und 19. Jahrhundert (1700-1900), als viele Länder begannen, sich zu modernisieren und säkularer zu werden, ein allgegenwärtiger Bestandteil europäischen Lebens und Denkens. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten sich viele antisemitische Stereotype, falsche Vorstellungen und Mythen fest etabliert und wurden von den Menschen in Deutschland und anderen europäischen Gesellschaften allgemein akzeptiert. Dieser systematische Hass ermöglichte den Holocaust (1933-1945).
Christliche Wurzeln des Antisemitismus
Antisemitismus hat seine Wurzeln im Antijudaismus des Altertums und des frühen Christentums. Viele Stereotype und Verschwörungstheorien über Juden lassen sich auf frühe und mittelalterliche christliche Lehren und Praktiken zurückführen. Die frühen Christen lehrten, dass das Christentum an die Stelle des Judentums getreten sei und dass Juden nicht mehr das von Gott auserwählte Volk seien. Sie behaupteten, Juden seien starrsinnig und blind für die Wahrheit, weil sie Jesus nicht als Messias akzeptierten. Diese Vorstellungen prägten über viele Jahrhunderte das Misstrauen und die Feindseligkeit von Christen gegenüber Juden.
Folgende weitere christliche Überzeugungen oder Thesen führten zur Entstehung früher Vorurteile gegen Juden:
- die falsche Behauptung, Juden hätten Jesus getötet, die in der offiziellen christlichen Lehre bekräftigt wurde
- Heranziehung des Verrats des Apostels Judas Iskariot an Jesus als Symbol für angebliche jüdische Heimtücke und Habgier
- Anschuldigungen von Christen gegen Juden, sie seien im Bund mit dem Teufel oder gar selbst der Teufel
- falsche Anschuldigungen, wonach Juden „Ritualmorde“ an christlichen Kindern begingen, eine Lüge, die als „Blutverleumdung“ bekannt ist
Diese Vorstellungen werden von den meisten christlichen Kirchen und Konfessionen heute nicht mehr aktiv gefördert. Dennoch beeinflussten sie jahrhundertelang die Einstellung der Menschen gegenüber Juden. Das Christentum und christliche Vorstellungen über Juden bildeten insofern die Grundlage für Antisemitismus.
Antisemitismus breitete sich in den christlich geprägten Gesellschaften in ganz Europa und weltweit aus, selbst dort, wo nur wenige oder gar keine Juden lebten. Heutzutage ist Antisemitismus auch in Gesellschaften weit verbreitet, die nicht überwiegend christlich geprägt sind.
Säkularer (weltlicher, nicht religiöser) Antisemitismus
Antisemitismus beinhaltet auch nicht religiöse, also säkulare Vorurteile gegenüber Juden. Im Laufe vieler Jahrhunderte entwickelten sich in Europa zahlreiche negativ behaftete wirtschaftliche, nationalistische und rassistische Vorstellungen und Überzeugungen über Juden. Diese säkularen Vorurteile und Feindseligkeiten waren darauf zurückzuführen, dass Juden in den überwiegend christlich geprägten Gesellschaften Europas eine Minderheit darstellten. Antisemitismus basiert sowohl auf religiösen wie nicht religiösen feindseligen Vorstellungen und Überzeugungen über Juden.
Wirtschaftlicher Antisemitismus
Wirtschaftlicher Antisemitismus beruht auf schädigenden und erniedrigenden Stereotypen, wonach Juden von Natur aus gierig oder geizig seien oder geschickt mit Geld umgehen könnten. So bedeutet besipielsweise die umgangssprachliche und abwertende englische Redewendung „to Jew down“ so viel wie „herunterhandeln“ oder „betrügen“ und ist ein zeitgenössischer Ausdruck dieses Vorurteils. Ein weiteres Beispiel ist die fälschliche Assoziation von Juden mit Geldverleih, Bankwesen oder Finanzen, obwohl die meisten Juden nicht in diesen Berufen arbeiten.
Wirtschaftlicher Antisemitismus hat seine historischen Wurzeln im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Europa. Jahrhundertelang war es Juden in vielen europäischen Ländern verboten, Land zu besitzen oder Ackerbau zu betreiben. Auch die meisten Handwerksberufe blieben ihnen verwehrt. Diese Einschränkungen gingen in der Regel auf religiöse Vorurteile zurück. Um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, blieb vielen Juden oft keine andere Wahl, als im Handel, im Geldverleih oder im Geldwechsel zu arbeiten. Die kaufmännischen Tätigkeiten der meisten Juden waren kleine Unternehmungen, wie das Hausieren mit Waren. Viele Juden lebten in Armut. In einigen wenigen Fällen wurden jüdische Familien prominent und wohlhabend, indem sie Geld an Höfe oder Königreiche verliehen. Solche Ausnahmen nährten Verzerrungen und Lügen über jüdischen Reichtum, wobei die Lügen auf älteren religiösen Vorurteilen beruhten. Diese inspirierten wiederum weltliche Verschwörungstheorien über Juden, etwa, dass Juden ihren angeblichen Reichtum zur Machtausübung nutzen würden.
Im 19. Jahrhundert gingen einige Politiker dazu über, Konzepte des wirtschaftlichen Antisemitismus in ihre politischen Theorien zu integrieren. So floss er sowohl in die linke als auch die rechte Kritik am Kapitalismus ein. Antisemitische politische Theoretiker machten Juden für ganze Wirtschaftssysteme verantwortlich wie den Kapitalismus und den Sozialismus. Diese Praxis existiert auch noch im 21. Jahrhundert, obwohl die meisten Kapitalisten, Industriellen und extrem wohlhabenden Menschen keine Juden sind.
Nationalistischer Antisemitismus
Nationalistischer Antisemitismus basiert auf schädigenden und erniedrigenden Stereotypen, die Juden als verdächtige „fremdartige“ Außenseiter oder illoyale bzw. unpatriotische Bürger darstellen. Im nationalistischen Antisemitismus wird Juden außerdem unterstellt, gefährliche und verdächtige internationale Verbindungen zu unterhalten. Nationalistische Antisemiten verwenden häufig die Begriffe „Kosmopolit“ oder „Globalist“ als Codewort für jüdische Menschen.
Die nationalistische Feindseligkeit gegenüber Juden sowie deren Ausgrenzung gehen auf das späte 18. und frühe 19. Jahrhundert zurück. Zu dieser Zeit gewann der Gedanke des Nationalismus in Europa an Dynamik. Viele nationalistische Intellektuelle und Schriftsteller definierten die Nation auf der Grundlage gemeinsamer Geschichte, Sprache, Religion und Kultur. Sie stellten nicht selten in Frage, dass Juden Mitglieder dieser Nation sein könnten. Aufbauend auf diesen neuen Ideen und auch älteren Vorurteilen bezeichneten viele Nationalisten Juden als „Fremde“.
Ende des 19. Jahrhunderts fand eine radikale Form des Nationalismus immer mehr Anklang, der so genannte Ethno-Nationalismus. Der Ethno-Nationalismus definierte die Zugehörigkeit zu einer Nation auf der Grundlage von Vererbung und ethnischer Zugehörigkeit. Viele ethno-nationalistische Gruppen waren ausgesprochen antisemitisch. Sie schrieben Juden die Fähigkeit ab, jemals Mitglieder der Nation werden zu können. Ethno-nationalistische politische Bewegungen forderten den offiziellen Ausschluss von Juden aus dem wirtschaftlichen, sozialen und politischen Leben. Einige sprachen sich sogar für die Zwangsauswanderung von Juden aus. Ethno-nationalistisch geprägte, antisemitische politische Bewegungen und Vereinigungen nahmen im 20. und 21. Jahrhundert weiter zu. Die bekannteste Gruppierung war die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP).
Rassistischer Antisemitismus
Rassistischer Antisemitismus beruht auf der diskriminierenden und falschen Vorstellung, Juden seien eine biologisch eigene, minderwertige oder sogar parasitäre Volksgruppe. Diese Vorstellung war wesentlicher Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie. Rassistischer Antisemitismus ist auch heute noch ein wichtiges Element des Antisemitismus. Menschen verschiedenster Hintergründe und politischer Überzeugungen stellen auch heute noch falsche Behauptungen über die angebliche ,,rassische" Identität von Juden auf.
Rassistischer Antisemitismus geht bis in das späte 19. Jahrhundert zurück. Zu dieser Zeit wurden in vielen Ländern, darunter in Europa und den Vereinigten Staaten, wissenschaftliche Theorien über Ethnien, Eugenik und Sozialdarwinismus populär. Die Antisemiten bedienten sich dieser Theorien, um ihrem Judenhass den Anschein wissenschaftlicher Glaubwürdigkeit zu verleihen. Forschungen über die DNA und das menschliche Genom beweisen, dass diese Vorstellungen falsch waren. Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise für die Existenz unterschiedlicher biologischer Menschenrassen.
Schuldzuweisungen gegen Juden und Verschwörungstheorien
Antisemiten stützen sich oft auf Schuldzuweisungen und Verschwörungstheorien, um jüdische Menschen als gefährlich für die Gesellschaft oder die Welt darzustellen. Diese Dämonisierung von Juden begann bereits im frühen Christentum. Schuldzuweisungen gegen Juden und judenfeindliche Verschwörungstheorien beruhen häufig auch auf alteingesessenen wirtschaftlichen, nationalistischen und rassistischen Vorstellungen über Juden.
Im Lauf der Geschichte haben Antisemiten Juden regelmäßig und zu Unrecht für viele allgemeine Probleme in der Gesellschaft verantwortlich gemacht. Juden oder das jüdische Volk wurden dabei oft als Sündenböcke dargestellt. Entgegen den Fakten und jeder Vernunft wurden Juden unter anderem für Folgendes verantwortlich gemacht:
- Auslösung von Seuchen und Epidemien wie der Beulenpest („schwarzer Tod“)
- Militärische Verluste wie die Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg
- Verbreitung des Kommunismus und anderer radikaler politischer Bewegungen
- Orchestrierung des europäischen Imperialismus, Kolonialismus und Sklavenhandels
- Finanzkrisen wie die Weltwirtschaftskrise
Keiner dieser Vorwürfe entspricht den Tatsachen.
Antisemitische Verschwörungstheoretiker versuchen, große Weltereignisse als Ergebnis geheimer Verschwörungen zu erklären, die von einer schemenhaften Gruppe von Juden ausgehen würden. Dabei stellen sie Juden als finstere „Strippenzieher“ dar.
Die berüchtigtste judenfeindliche Verschwörungstheorie entstand um 1900 mit der antisemitischen Veröffentlichung Die Protokolle der Weisen von Zion. Zu solchen Verschwörungstheorien gehören auch frei erfundene Anschuldigungen, wonach ein jüdischer Klüngel heimlich die Medien, Hollywood oder sogar die Welt kontrolliere.
Antisemitische Schuldzuweisungen und Verschwörungstheorien leben in Zeiten großer sozialer, wirtschaftlicher und politischer Umwälzungen oder Unsicherheiten wieder auf und verändern sich. Antisemitische politische Gruppen wie die Nationalsozialisten griffen häufig auf diese Lügen zurück und adaptierten und verbreiteten sie, um Anhänger zu gewinnen.

Antisemitismus in der Praxis
Seit Jahrhunderten prägt Antisemitismus die Art und Weise, in der nicht jüdische Gesellschaften und Einzelpersonen mit jüdischen Menschen umgehen. Regierungen, religiöse Instanzen, private Vereine, Schulen, Universitäten und Unternehmen haben Gesetze, Praktiken oder Strategien verabschiedet, die Juden diskriminieren und jüdisches Leben einschränken. Auch Einzelpersonen richten üble Beleidigungen oder grausame Karikaturen gegen Juden oder wenden zwischenmenschliche Gewalt gegen Juden an.
Offizielle antisemitische Richtlinien und Einschränkungen
Seit der Antike haben verschiedene Behörden innerhalb und außerhalb Europas Einschränkungen gegen jüdische Menschen verhängt. Diese Einschränkungen wurden durch Gesetze, Verordnungen und offizielle Richtlinien religiöser oder staatlicher Institutionen durchgesetzt. Die häufigsten Methoden, mit denen religiöse oder säkulare Behörden und Regierungen gegen Juden vorgingen, sind:
- Vertreibung der jüdischen Bevölkerung aus Gebieten (z. B. aus England 1290, aus Frankreich 1394 und aus Spanien 1492)
- Sichtbare Kennzeichnung von Juden durch Hüte, Abzeichen oder Symbole, darunter auch der Davidstern
- Verbot für Juden, Land zu besitzen
- Erhebung zusätzlicher Steuern auf jüdische Einwohner und Gemeinden
- Verabschiedung von Gesetzen, welche die Arbeits- oder Bildungschancen für Juden stark einschränken, wie das Numerus-Clausus-Gesetz in Ungarn aus dem Jahr 1920
- Zwangskonvertierung von Juden zum Christentum oder zum Islam unter Androhung des Todes
- Ausschluss von Juden aus dem Militär- oder Staatsdienst
- Anordnung von Beschränkungen für die Ansiedlung von Juden (z. B. Ghettos oder das vom Russischen Kaiserreich festgelegte Ansiedlungsgebiet)
Gesellschaftliche Diskriminierung von Juden
Jahrhundertelang haben zahlreiche Institutionen, Verbände oder Unternehmen Juden bewusst diskriminiert. Diese Art der Diskriminierung spiegelt den systemischen Charakter des Antisemitismus in vielen Gesellschaften wider. Gängige Formen gesellschaftlicher Diskriminierung von Juden:
- Ausschluss von Juden von der Mitgliedschaft in privaten Klubs oder Berufsverbänden (z. B. Zünfte, deutsche Burschenschaften des 19. Jahrhunderts oder amerikanische Country Clubs des 20. Jahrhunderts)
- Absprache des Rechts auf Erwerb von Grundbesitz für Juden in bestimmten Gebieten
- Ausschluss jüdischer Studenten von Universitäten oder Begrenzung der Anzahl jüdischer Studenten nach einem Quotensystem
- Weigerung, jüdische Mitarbeiter einzustellen
- Boykott von Geschäften in jüdischem Besitz wie der rechtsextreme Boykott in Polen in den späten 1930er Jahren
- Verbreitung antisemitischer Lügen und Verschwörungstheorien in der Presse und in den Medien
Zwischenmenschliche Äußerungen von Antisemitismus
Antisemitische Stereotype und Vorurteile haben jahrhundertelang die Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden geprägt. Methoden, mit denen sich antisemitische Einzelpersonen oder Gruppen gegen Juden richteten oder richten:
- Verwendung von Schimpfwörtern oder Verbreitung von Witzen, die auf antisemitischen Stereotypen und Verschwörungstheorien beruhen
- Karikierung oder Beschreibung jüdischer Menschen als Menschen mit Hakennasen oder entstellenden Merkmalen
- Darstellung von Juden als Sexualstraftäter oder Überträger von Krankheiten
- Entmenschlichung von Juden in der Kunst oder in Bildmaterialien, indem sie als Schweine, Ungeziefer, Kraken oder andere Tiere dargestellt werden
- Bezeichnung von Menschen oder Gedankengut als jüdisch, um sie Beleidigungen oder Misshandlungen preiszugeben
- Vandalismus, Brandanschläge oder anderweitige Schändung von Synagogen, Friedhöfen, Schulen oder anderen jüdischen religiösen oder gemeinschaftlichen Räumen
- Schläge und Angriffe bis hin zur Tötung von Personen aufgrund ihres vermeintlichen Jüdischseins

Antisemitische Richtlinien und Einschränkungen sind heute zwar weniger verbreitet, jedoch sind antijüdische Vorurteile nach wie vor auf der Straße, im politischen Diskurs, in Kirchen, Moscheen, auf dem Campus, in Klassenzimmern, in der Presse, in den sozialen Medien und im Rundfunk anzutreffen.
Massengewalt gegen Juden
Antisemitismus gipfelte oft in massiver Gewalt gegen jüdische Menschen. Antisemitische Schuldzuweisungen und Verschwörungstheorien haben Antisemiten häufig dazu motiviert, gewaltsam gegen Juden vorzugehen. Die Tatsache, dass Juden in Europa eine Minderheit waren, machte sie anfällig für verhetzende Angriffe.
Zu den berüchtigtsten Beispielen für Massengewalt gegen Juden noch vor dem Holocaust gehören:
- Massaker an ganzen jüdischen Gemeinden durch christliche Soldaten während der Kreuzzüge im Mittelalter
- Folterung und Hinrichtung von Juden durch katholische spanische Beamte während der spanischen Inquisition (1478-1834)
- Ausschreitungen gegen jüdische Gemeinden in ganz Europa, die von lokalen Mobs als Reaktion auf den Vorwurf der Blutverleumdung verübt wurden und in der Regel mit dem christlichen Osterfest und dem jüdischen Pessachfest zusammenhängen
- Pogrome (oft tödliche antijüdische Ausschreitungen), die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts von Soldaten, Polizisten und lokalen Mobs in Osteuropa verübt wurden
Das Ausmaß antisemitischer Massengewalt und der Ermordungen während des Holocaust (1933-1945) sprengte alle bisherigen Kategorien. Im Zuge dieses systematischen, staatlich organisierten Völkermords ermordeten die Nazis, ihre Verbündeten und Kollaborateure sechs Millionen Juden. Die Nationalsozialisten stützten sich auf jahrhundertealte Vorurteile und Hass gegen Juden, um die Menschen zum Völkermord anzustacheln.
Der Holocaust war jedoch nicht das Ende der antisemitischen Massengewalt. Antisemitische Gewalt ist nach wie vor eine Bedrohung für jüdische Menschen und Organisationen weltweit.
Holocaust-Verzerrung und Holocaust-Leugnung als Formen von Antisemitismus
Holocaust-Leugnung und Holocaust-Verzerrung sind neuere Formen von Antisemitismus.
- Als Holocaust-Leugnung bezeichnet man jeglichen Versuch, die erwiesenen Fakten des Völkermords an den europäischen Juden unter dem NS-Regime zu bestreiten.
- Als Holocaust-Verzerrung wird eine Aussage bezeichnet, in der erwiesene Fakten über den Holocaust falsch wiedergegeben werden.
Holocaust-Leugnung und Holocaust-Verzerrung machen sich ältere antisemitische Stereotype zunutze und passen sie an. Menschen, die derartige irrationale Theorien verbreiten, behaupten, der Holocaust sei von Juden erfunden oder übertrieben dargestellt worden, um eigene Interessen durchzusetzen.
Im späten 20. und 21. Jahrhundert missbrauchen oder benutzen manche Antisemiten die dokumentierte Geschichte des Holocaust wie folgt:
- Verwendung von NS-Symbolen (insbesondere des Hakenkreuzes), um jüdische Menschen einzuschüchtern oder zu terrorisieren
- Bedrohung jüdischer Menschen unter Verweis auf Gaskammern oder Öfen
- Herstellung von Analogien zwischen dem Staat Israel und dem NS-Regime
- Anstellung von Vergleichen, welche die dokumentierten Verbrechen während des Holocaust verzerren, herunterspielen oder bagatellisieren
Vielschichtiger und anhaltender Hass
Antisemitismus basiert auf einer Reihe von hasserfüllten Überzeugungen und Vorstellungen, die historisch, sozial und kulturell tief verwurzelt sind. Heute werden antisemitische Konzepte und Stereotype von Menschen unterschiedlichster religiöser, ethnischer und sozialer Hintergründe und aus dem gesamten politischen Spektrum vertreten, darunter sowohl von der Linken als auch von der Rechten. Mit hassgeprägten antisemitischen Tropen, Stereotypen und Verschwörungstheorien treiben sie ihr ideologisches Programm voran. Dadurch dämonisieren und entmenschlichen sie Juden.
Antisemitismus beginnt oft verbal – in Form von Beschimpfungen, Schuldzuweisungen oder Beleidigungen. Die Geschichte hat jedoch gezeigt, dass Antisemitismus zu umfassender Diskriminierung, Entmenschlichung, Massengewalt und Völkermord eskalieren kann.
Fußnoten
-
Footnote reference1.
Dies wird als „Supersessionismus“ oder „Ersatztheologie“ bezeichnet.
-
Footnote reference2.
Jahrhundertelang glaubten viele Christen, dass Juden mit der Ermordung Jesu einen Gottesmord begangen hätten. Tatsächlich wurde Jesus von römischen Behörden getötet. Die Führer verschiedener christlicher Traditionen bekräftigten diese falsche Auffassung in ihren offiziellen Lehren. Erst im späten 20. Jahrhundert haben einige christliche Kirchen den Vorwurf des Gottesmordes als falsch verurteilt. Die römisch-katholische Kirche zum Beispiel hat diese Lügen im Rahmen des Zweiten Vatikanischen Konzils 1965 zurückgewiesen.
-
Footnote reference3.
Viele antijüdische Stereotype von Christen lassen sich auf die Figur des Judas Iskariot zurückführen, der wie Jesus Jude war. In der christlichen Schrift verrät Judas Jesus für 30 Silberstücke. Im christlich geprägten Europa verwandelte sich diese Darstellung in ein hassgeprägtes Stereotyp von Juden, die – symbolisiert durch Judas – als verräterisch und habgierig charakterisiert wurden.
-
Footnote reference4.
Im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit wurden Juden von vielen Christen beschuldigt, mit dem Teufel verbündet oder gar der Teufel selbst zu sein. Diese Behauptungen wurden zu einem akzeptierten Teil christlicher Abhandlungen, der Theologie, der Moralstücke, der Volkserzählungen und der Kunst. So schrieb der Theologe Martin Luther, der 1517 die protestantische Reformation einleitete, im Jahr 1543 eine beleidigende Abhandlung über Juden. Aus Wut darüber, dass Juden im Zuge der Reformation nicht zum Christentum konvertierten, bezeichnete er Juden feindselig als Nachkommen des Teufels. Christliche Künstler stellten Juden oft als Teufel oder tierähnliche Figuren mit Hörnern, Klauen, spitzen Zähnen und/oder gespaltenen Füßen dar.