The Krochmalna Street orphanage

Janusz Korczak

Janusz Korczak war ein bekannter Arzt und Autor, der von 1911 bis 1942 ein jüdisches Waisenhaus leitete. Korczak und seine Mitarbeiter blieben bei den Waisenkindern, selbst als diese 1942 von den Deutschen in das Todeslager Treblinka deportiert wurden.

Portrait of Janusz Korczak

Portrait von Janusz Korczak, polnisch-jüdischer Arzt und Autor, der ein jüdisches Waisenhaus in Warschau leitete, etwa 1930.

Nachweise:
  • US Holocaust Memorial Museum, courtesy of Miedzynarodowe Stowarzyszenie im. Janusza Korczaka

Janusz Korczak war der Künstlername von Henryk Goldszmit, jüdisch-polnischer Arzt und Autor. Goldszmit wurde in den frühen 1900er Jahren durch seine Kinderbücher und Ratgeber für Kindererziehung und -fürsorge bekannt. Goldszmit wurde in den späten 1870er Jahren in eine assimilierte polnisch-jüdische Familie hineingeboren und schlug eine Laufbahn als Kinderarzt ein. Er entwickelte bahnbrechende pädagogische Konzepte und rief Erwachsene dazu auf, Kinder liebevoll und respektvoll zu behandeln. Mit zunehmender Reputation als Autor nahm Goldszmit das Pseudonym Janusz Korczak an, unter dem er im ganzen Land bekannt wurde. 

1911 übernahm Korczak die Leitung eines neuen jüdischen Waisenhauses in Warschau. Über Jahrzehnte führten er und seine enge Kollegin, Stefania („Stefa“) Wilczyńska, das Kinderheim nach der von Korczak entwickelten Philosophie der Kindererziehung. Jedes Kind im Heim hatte Aufgaben und Rechte und war für sein Handeln selbst verantwortlich. Die jungen Bewohner der sogenannten „Kinderrepublik“ konnten Gericht halten, interne Beschwerden anhören und so Gerechtigkeit untereinander walten lassen.

Korczak teilte den Heimkindern auch wichtige Rollen bei der Herausgabe der Mały Przegląd (Kleine Rundschau) zu. Mały Przegląd war eine regelmäßige Beilage der auf Polnisch verfassten zionistischen Tageszeitung Nasz Przegląd (Unsere Rundschau). Im Gegensatz zu anderen Kinderzeitungen der damaligen Zeit durften die Kinder die Themen, über die sie berichten wollten, selbst wählen. Sie entschieden, was in ihrer Zeitung veröffentlicht werden sollte. 

Janusz Korczak poses with children and staff at his orphanage

Janusz Korczak (Mitte) und Sabina Lejzerowicz (zu seiner Rechten) mit Kindern und jungen Mitarbeitern des von ihm geführten Waisenhauses in Warschau, etwa 1930–1939. Korczak und seine Mitarbeiter wichen nicht von der Seite ihrer Schützlinge. Auch nicht, als diese 1942 in das Vernichtungslager Treblinka deportiert wurden.

Nachweise:
  • United States Holocaust Memorial Museum, courtesy of Shlomo Nadel

Korczaks Bekanntheitsgrad im Land stieg mit seiner Tätigkeit als Moderator einer Radiosendung, in der er sich selbst der „Alte Doktor“ nannte und Geschichten vorlas oder Interviews mit Kindern führte. Aufgrund seiner leichten und ehrlichen Ausdrucksweise war seine wöchentliche Sendung bei jüngeren und älteren Hörern gleichermaßen beliebt. Der zunehmende Antisemitismus in Polen Mitte der 1930er Jahre hatte jedoch zur Folge, dass Korczak seinen Posten verlor. Dennoch war er in den Wochen nach der Invasion der Deutschen am 1. September 1939 für kurze Zeit wieder in regelmäßigen Radiobeiträgen zu hören. Korczak versuchte, seinen Hörern Mut zu machen, bis am Ende desselben Monats Polen schließlich zwischen Deutschland und der Sowjetunion aufgeteilt wurde.

Im Herbst 1940 errichteten deutsche Behörden das Warschauer Ghetto. Die jüdische Gemeinde wurde dazu verpflichtet, die Kosten für den Bau einer Mauer, die das Ghetto vom Rest der Stadt trennen sollte, selbst zu übernehmen. Die Bedingungen in dem überfüllten und von der Versorgung nahezu abgeschnittenen Ghetto waren extrem hart. Tausende starben an Hunger und Krankheit, viele Kinder verwaisten und blieben auf sich selbst gestellt zurück. 

In seinen Tagebucheinträgen berichtet Korczak vom täglichen Kampf, Lebensmittel und Arzneimittel für die wachsende Zahl an Kindern in seiner Obhut zu beschaffen. Obwohl er allmählich selbst mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte, setzte sich Korczak dafür ein, Spenden zu sammeln und Lebensmittel in das Kinderheim zu transportieren. In seinem Tagebuch beschreibt er auch, wie er versuchte, die geistige und emotionale Gesundheit der Kinder zu bewahren. Seine wenigen Mitarbeiter gaben ihr Bestes, um die gewohnten Abläufe im Heim trotz der widrigen Ghettobedingungen zu wahren. Sie sorgten dafür, dass die Kinder weiterhin unterrichtet wurden und beschäftigten sie, indem sie Vorträge, Konzerte und Theateraufführungen organisierten. 

Ende Juli 1942 begannen deutsche Behörden mit der Massendeportation Hunderttausender Juden aus dem Warschauer Ghetto in das Vernichtungslager Treblinka. Korczaks polnische Freunde außerhalb des Ghettos boten ihm an, ihn zu verstecken oder falsche Papiere zu beschaffen, damit er der Deportation entkommen konnte, aber Korczak lehnte ab. Er und seine Mitarbeiter hatten beschlossen, nicht zu flüchten. Sie wollten sich so lange um die Kinder kümmern, wie es ihnen möglich war. 

Anfang August 1942 deportierten deutsche Behörden die Bewohner aller Kinderheime innerhalb des Warschauer Ghettos. Am Morgen des 5. oder 6. August erschien die Polizei unvermittelt im Heim und befahl den Mitarbeitern Korczaks, das Gebäude zu evakuieren. Korczak, Wilczyńska und die übrigen wenigen Mitarbeiter versammelten die Kinder schnell vor dem Gebäude. Begleitet von ihren fürsorglichen und selbstlosen Erziehern machten sich die fast 200 Kinder durch die überfüllten Straßen des Ghettos auf den Weg zum Umschlagplatz. Korczak und seine Mitarbeiter versuchten, Panik unter den Kindern zu vermeiden. Zeugenberichte beschreiben den Gang der Gruppe durch das Ghetto als geordnet und würdevoll.

Memorial for Janusz Korczak

Die Wandskulptur zu Ehren des polnisch-jüdischen Arztes Janusz Korczak befindet sich an der Fassade eines Lehrhospitals, das seinen Namen trägt, in Olsztyn, Polen.

Nachweise:
  • US Holocaust Memorial Museum, courtesy of Miedzynarodowe Stowarzyszenie im. Janusza Korczaka

Nachdem sie am Umschlagplatz angekommen waren, stiegen Korczak und seine Mitarbeiter gemeinsam mit den Kindern in die Waggons. Die Züge fuhren in das rund 100 Kilometer entfernte Vernichtungslager Treblinka, nordöstlich von Warschau. Die Bedingungen in den heißen und überfüllten Viehwaggons waren eine zusätzliche Belastung für die ohnehin unterernährten und kranken Menschen, die darin zusammengepfercht wurden. Viele von ihnen starben in den Zügen. Und nahezu alle Juden, die den Transport vom Warschauer Ghetto nach Treblinka im Sommer 1942 überlebt hatten, wurden kurz nach ihrer Ankunft ermordet. Auch die Kinder und ihre Betreuer wurden höchstwahrscheinlich alle am Tag ihrer Ankunft in Treblinka getötet. 

Janusz Korczaks Laufbahn als Autor, Arzt und Verfechter von Kinderrechten inspiriert heute noch Pädagogen und Experten der Kinderfürsorge. Korczak war gleichermaßen stolz auf seine polnische Nationalität und jüdische Identität. Er wird sowohl von polnischen als auch jüdischen Gemeinden für sein Lebenswerk und die Opfer, die er für die Kinder in seiner Obhut erbracht hat, verehrt.

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