Was ist Völkermord?
„Völkermord“ ist ein international anerkanntes Verbrechen. Der Begriff hat eine spezifische rechtliche Definition. Er bezieht sich auf Handlungen, die mit der Absicht begangen werden, eine Volksgruppe aufgrund ihrer Nationalität, Ethnie oder Religion ganz oder teilweise zu vernichten.
Wichtige Fakten
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Der Begriff „Völkermord“ wurde von Raphael Lemkin, einem polnisch-jüdischen Juristen, geprägt. Er führte ihn ein, um die im 20. Jahrhundert unternommenen Versuche, ganze Völker und ethnische Gruppen auszulöschen, rechtlich zu fassen.
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Die Hauptankläger des Internationalen Militärgerichts gebrauchten den Begriff „Völkermord“ in ihrer Anklageschrift gegen 24 NS-Führer. Er wurde verwendet, um die Verbrechen der Nationalsozialisten zu beschreiben, war aber damals noch kein etablierter Rechtsbegriff.
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Seit 1948 wird der Begriff ,,Genozid" häufig verwendet. Nach der juristischen Definition - welche die Absicht beinhaltet, eine bestimmte Gruppe zu vernichten - gibt es tatsächlich jedoch wenige Fälle von Völkermord im Vergleich zu anderen schwerwiegenden Verbrechen wie Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen.
Der Rechtsbegriff „Völkermord“ bezieht sich auf Handlungen, die mit der Absicht begangen werden, eine Volksgruppe aufgrund ihrer Nationalität, Ethnie oder Religion ganz oder teilweise zu vernichten. Völkermord ist laut Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes (1948) ein internationales Verbrechen. Völkermordhandlungen lassen sich in fünf Kategorien einteilen:
- Töten von Mitgliedern einer Volksgruppe
- Verursachen schwerer körperlicher oder seelischer Schäden für Mitglieder der Volksgruppe
- Vorsätzliches Schaffen von Lebensbedingungen, die darauf abzielen, die Volksgruppe ganz oder teilweise physisch zu vernichten
- Umsetzen von Maßnahmen zur Verhinderung von Geburten innerhalb der Volksgruppe
- Entreißen von Kindern der Volksgruppe und Integration in eine andere Gruppe
Es gibt weitere schwere Gewaltverbrechen, die nicht unter die Definition des Völkermordes fallen. Dazu gehören Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen.
Ursprung des Begriffs „Völkermord“
Den Begriff „Völkermord“, oftmals auch als „Genozid“ bezeichnet, gab es vor dem Zweiten Weltkrieg nicht. Er wurde von dem polnisch-jüdischen Rechtsanwalt Raphael Lemkin (1900–1959) geprägt und erstmals 1944 in seinem Buch Axis Rule in Occupied Europe verwendet. In seinem Buch beschrieb Lemkin die systematische Mordpolitik der Nazis während des Zweiten Weltkriegs, einschließlich der Vernichtung der europäischen Juden, die heute als Holocaust bezeichnet wird. Er bildete das Wort „Genozid“ aus genos, dem griechischen Wort für „Rasse“ oder „Volk“, und cide, dem lateinischen Wort für „Töten“. Lemkin definierte „Völkermord“ als „einen koordinierten Plan aus verschiedenen Aktionen, die auf die Zerstörung wesentlicher Lebensgrundlagen nationaler Gruppen abzielen, mit dem Ziel, diese Gruppen zu vernichten“.
Frühe Verwendung des Begriffs „Völkermord“ durch den Internationalen Militärgerichtshof
1945 wurde das Internationale Militärgericht (IMG) in Nürnberg abgehalten. Während des Prozesses wurden 24 hochrangige NS-Funktionäre unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im Sinne der Nürnberger Charta angeklagt.
Der Begriff „Völkermord“ wurde in der Anklageschrift verwendet, um die Verbrechen der Nationalsozialisten zu beschreiben. Zu dieser Zeit war er jedoch noch kein Rechtsbegriff.
Völkermord als internationales Verbrechen
Nach dem Holocaust wurde der Begriff „Völkermord“ als juristischer Begriff für ein genau definiertes internationales Verbrechen eingeführt.
Am 9. Dezember 1948 beschlossen die Vereinten Nationen ein schriftliches Übereinkommen, das als Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes bekannt wurde. Die Verabschiedung dieser Konvention ist nicht zuletzt auf die unermüdlichen Bemühungen von Raphael Lemkin zurückzuführen. Ende der 1950er Jahre hatten über 65 UN-Mitgliedsstaaten das Übereinkommen unterzeichnet. Bis April 2022 hatten 153 Staaten die Konvention ratifiziert (d. h. sie haben sich bereit erklärt, ihre Bedingungen einzuhalten).
Mit der Konvention wurde Völkermord als internationales Verbrechen anerkannt. Dies bedeutet, dass das Gesetz gegen Völkermord für alle Staaten verbindlich ist – auch für diejenigen, die die Konvention nicht ratifiziert haben. Die Verhinderung weiterer Völkermorde war eine der wichtigsten Verpflichtungen der Konvention. Eine Herausforderung, der sich Staaten, Institutionen und Einzelpersonen weiterhin stellen müssen.