Errichtung des Lagers Dachau

Das Konzentrationslager Dachau wurde im März 1933 eingerichtet. Es war das erste reguläre von der NS-Regierung errichtete Konzentrationslager. Heinrich Himmler, damaliger Polizeipräsident in München, beschrieb das Lager offiziell als „erstes Konzentrationslager für politische Gefangene“.

Es befand sich auf dem Areal einer stillgelegten Pulver- und Munitionsfabrik im Nordosten von Dachau, wenige Kilometer vor München. Am 22. März 1933 erreichten erste Gefangenentransporte das Lager.

Häftlinge in den ersten Jahren des Lagers

Im ersten Jahr hatte das Lager eine Aufnahmekapazität von 5.000 Gefangenen. Anfangs wurden vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschaftsmitglieder und andere politische Regimegegner inhaftiert. Mit der Zeit wurden auch andere Personengruppen nach Dachau verbracht, darunter Zeugen Jehovas, Roma, homosexuelle Männer, „Asoziale“ und Wiederholungsstraftäter. In den ersten Jahren wurden relativ wenige Juden in Dachau inhaftiert. Später in der Regel dann, wenn sie einer der oben genannten Gruppen angehörten oder wenn sie infolge einer Verurteilung wegen Missachtung der 1935 verabschiedeten Nürnberger Gesetze Haftstrafen abzusitzen hatten.

Erweiterung des Dachauer Lagerkomplexes

Im Oktober 1933 führte Lagerkommandant Theodor Eicke in Dachau die „Disziplinar- und Strafordnung für das Gefangenenlager“ ein. Diese sah bereits für geringste Verstöße brutale Strafmaßnahmen vor. Als Eicke Inspekteur des neu errichteten Konzentrationslagersystems wurde, versprach er, Dachau zu einem Modell für alle späteren Konzentrationslager zu machen. Dachau diente zudem als Ausbildungsstätte für SS-Wachen, die im gesamten Konzentrationslagersystem eingesetzt wurden.

Anfang 1937 begann die SS, die Häftlinge zum Bau eines umfassenden Gebäudekomplexes auf dem Areal des ursprünglichen Lagers einzusetzen. Dazu mussten die Zwangsarbeiter zunächst unter schwersten Bedingungen die alte Munitionsfabrik abtragen. Mitte August 1938 waren die Bauarbeiten offiziell abgeschlossen. Das Lager blieb bis 1945 nahezu unverändert bestehen. Das Lager Dachau war somit während des gesamten Dritten Reichs in Betrieb.

Dachau diente zudem als Ausbildungszentrum für das SS-Wachpersonal der Konzentrationslager. Die organisatorische Struktur und Routine im Lager Dachau dienten als Modellvorlage für alle anderen NS-Konzentrationslager.

Jüdische Gefangene im Lager Dachau

Mit der zunehmenden Verfolgung der Juden stieg die Zahl der jüdischen Gefangenen in Dachau. Zwischen dem 10. und 11. November 1938, unmittelbar nach dem Novemberpogrom, wurden fast 11.000 jüdische Männer dort interniert. Die meisten von ihnen wurden nach einigen Wochen oder Monaten aus der Haft entlassen, viele davon, nachdem sie nachweisen konnten, Vorkehrungen zur Auswanderung getroffen zu haben. Infolge der Deportation deutscher Juden in die Ghettos und Tötungszentren im besetzten Osten reduzierte sich die Zahl der jüdischen Bevölkerung im Lager Dachau erheblich. Erst als Tausende Gefangene aus den Lagern im Osten auf Todesmärschen zurück nach Deutschland getrieben wurden, gehörten Juden wieder vermehrt zu den Lagerinsassen.  

Lagerabschnitte

Das Lager Dachau bestand aus zwei Abschnitten, dem Lagerareal und dem Krematorium. Das Lagerareal bestand aus 32 Baracken, darunter eine für die Inhaftierung geistlicher Regimegegner und eine für medizinische Experimente.

Die Lagerverwaltung befand sich im Pförtnerhaus am Haupteingang. Auf dem Lagerareal war auch das Wirtschaftsgebäude untergebracht, darunter Küche, Wäscherei, Duschen und Werkstätten, sowie ein Gefängnisblock (Bunker). Auf dem Hof zwischen Gefängnis und Hauptküche wurden Hinrichtungen von Gefangenen durchgeführt. Das Lager war von elektrifiziertem Stacheldraht, einem Graben und einer Mauer mit sieben Wachtürmen umgeben.

1942 wurde neben dem Hauptlager der Krematoriumsbereich errichtet. Er bestand aus dem alten Krematorium und dem neuen Krematorium (Baracke X), das mit einer Gaskammer ausgestattet war. Es gibt keine gesicherten Nachweise dafür, dass die Gaskammer in Baracke X zur Tötung von Menschen eingesetzt wurde. Die Gefangenen wurden jedoch einer „Selektion“ unterzogen. Diejenigen, die zu krank oder zu schwach zum Arbeiten waren, wurden in die „Euthanasie“-Tötungsanstalt Hartheim in der Nähe von Linz (Österreich) geschickt. In den Gaskammern von Hartheim wurden mehr als 2.500 Häftlinge aus dem Konzentrationslager Dachau ermordet. In Dachau fanden zudem Massenerschießungen statt, zunächst im Bunkerhof und später in einem eigens von der SS dafür vorgesehenen Bereich. Tausende von Gefangenen aus Dachau wurden dort umgebracht, darunter mindestens 4.000 sowjetische Kriegsgefangene, die nach dem Angriff auf die Sowjetunion 1941 inhaftiert worden waren.

Medizinische Experimente

Ab 1942 nahmen Ärzte an den Gefangenen in Dachau medizinische Experimente vor. Ärzte und Wissenschaftler der Luftwaffe sowie das Institut für Luftfahrt führten verschiedene Höhen-, Unterkühlungs- und Meerwasserversuche durch. Letztere dienten der Erforschung von Methoden, Meerwasser trinkbar zu machen. Von den Versuchsergebnissen erhoffte man sich verbesserte Bedingungen für Luftwaffepiloten, wenn diese Bombenangriffe durchführten oder über eisigen Gewässern abstürzten. Mithilfe weiterer Experimente erprobten Wissenschaftler die Wirksamkeit von Arzneimitteln gegen Malaria und Tuberkulose. Hunderte von Gefangenen starben infolge dieser Experimente oder trugen dauerhafte Schäden davon.

Zwangsarbeit

Die Gefangenen in Dachau mussten Zwangsarbeit verrichten. Zunächst wurden sie für den Lagerbetrieb, diverse Bauprojekte und in kleinen Handwerksbetrieben innerhalb des Lagers eingesetzt. Sie arbeiteten im Straßenbau, in Kiesgruben oder legten Sümpfe trocken.

Während des Kriegs wurde die von KZ-Häftlingen verrichtete Zwangsarbeit für die Rüstungsindustrie immer bedeutender.

Um die Kriegsproduktion anzukurbeln, wurden im Sommer und Herbst 1944 unter der Verwaltung Dachaus in ganz Süddeutschland zahlreiche Außenlager in der Nähe von Rüstungsbetrieben eingerichtet. Dachau allein verfügte über etwa 140 Außenlager, vorwiegend in Südbayern, in denen die Häftlinge nahezu ausschließlich in Rüstungsfabriken eingesetzt wurden. Tausende Gefangene überlebten die harten Arbeitsbedingungen nicht.

Befreiung

Mit dem Vorrücken alliierter Truppen in Richtung Deutschland begannen die Machthaber mit der Evakuierung der Konzentrationslager in Frontnähe, um die Einnahme intakter Lager und der Gefangenen zu verhindern. Die Transporte aus den evakuierten Lagern im Osten, die ununterbrochen in Dachau ankamen, hatten zur Folge, dass sich die Lagerbedingungen drastisch verschlechterten.

Die Gefangenen mussten während der tagelangen Transporte zum Teil ganz ohne Lebensmittel und Wasser auskommen und kamen geschwächt und erschöpft und oft dem Tod nahe im Lager an. Überfüllung, schlechte hygienische Bedingungen, Unterversorgung und der geschwächte Zustand der Gefangenen begünstigten den Ausbruch von Typhusepidemien, die zu einem erheblichen Problem wurden.

Als am 26. April 1945 amerikanische Truppen anrückten, waren in Dachau und den Außenlagern 67.665 Gefangene registriert. Mehr als die Hälfte davon waren im Hauptlager untergebracht. Davon waren 43.350 als politische Häftlinge kategorisiert, 22.100 waren Juden. Die übrigen Inhaftierten waren verschiedenen anderen Kategorien zugeordnet. Als die Alliierten vorrückten, wurden mindestens 25.000 Gefangene des Lagers Dachau gezwungen, sich zu Fuß oder in Güterzügen nach Süden zu begeben. Die Bewacher der sogenannten Todesmärsche erschossen jeden Häftling, dem die Kräfte versagten. Viele starben zudem an Hunger, Unterkühlung oder Erschöpfung.

Am 29. April 1945 wurde Dachau von amerikanischen Truppen befreit. Bei ihrer Ankunft im Lager fanden sie über 30 Güterwaggons mit bereits stark verwesten Leichen vor, die nach Dachau gebracht worden waren. Anfang Mai 1945 befreiten US-Truppen die Gefangenen, die sich noch auf Todesmärschen befanden.

Anzahl der Gefangenen

Die Zahl der zwischen 1933 und 1945 in Dachau inhaftierten Gefangenen belief sich auf mehr als 200.000. Die Zahl der Gefangenen, die in Dachau starben, ist schwer zu schätzen. Tausende Menschen, die zur Exekution in das Lager verbracht wurden, sind vor ihrem Tod nicht registriert worden. Die Zahl der Todesfälle während der Evakuierung ist ebenfalls nicht bekannt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass mindestens 40.000 Gefangene in Dachau ums Leben gekommen sind.