
Martin Niemöller: „Als die Nazis die Kommunisten holten ...“
Martin Niemöller (1892-1984) war ein bedeutender lutherischer Pfarrer in Deutschland. Er sprach sich offen gegen Adolf Hitler aus und verbrachte die letzten sieben Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft in Konzentrationslagern. In Erinnerung geblieben ist er vielen sicherlich durch seine Worte „Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen…“, die er nach Kriegsende schrieb.
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Niemöllers berühmte Worte werden auch heute noch mit bestimmten Abwandlungen in volkstümlichen, kulturellen und öffentlichen Reden verwendet.
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Es gibt verschiedene Versionen des Zitats. Der Grund dafür ist, dass Niemöller selbst seine Wortwahl in verschiedenen Situationen und spontanen Reden variierte.
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Das Zitat und seine Varianten drücken die Auffassung Niemöllers aus, wonach die Deutschen durch ihr Schweigen Mitschuld an der Inhaftierung, Verfolgung und Ermordung von Millionen von Menschen gehabt hätten. Dies empfand er insbesondere mit Blick auf die Verantwortlichen der protestantischen Kirchen.
Einführung
Martin Niemöller wurde am 14. Januar 1892 im westfälischen Lippstadt geboren. Im Jahr 1910 schlug er eine Offizierslaufbahn in der Kaiserlichen Marine ein. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 wurde Niemöller einem U-Boot zugeteilt, dessen Kommandant er schließlich wurde. Gemäß den Bestimmungen des Waffenstillstands vom 11. November 1918, der die Feindseligkeiten im ersten Weltkrieg beendete, wurden Niemöller und andere Kommandanten angewiesen, ihre U-Boote an England zu übergeben. Wie viele andere weigerte sich Niemöller, dieser Anweisung Folge zu leisten und wurde daraufhin aus der Marine entlassen.
1920 entschied er sich, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten und nahm ein Theologiestudium an der Universität Münster auf.
Niemöller war zunächst begeisterter Anhänger des Dritten Reichs. Der Wendepunkt in Niemöllers politischer Gesinnung kam bei einem Treffen zwischen ihm, Adolf Hitler und zwei prominenten protestantischen Bischöfen im Januar 1934, bei dem es um die Ausübung von staatlichem Druck auf die Kirchen ging. Bei dem Gespräch wurde deutlich, dass Niemöllers Telefon von der Geheime Staatspolizei (Gestapo) abgehört wurde. Es kam außerdem ans Licht, dass der Pfarrernotbund, an dessen Gründung Niemöller mitgewirkt hatte, unter strenger staatlicher Aufsicht stand. Seit dieser Begegnung betrachtete Niemöller den NS-Staat als Diktatur, gegen die er Widerstand leisten würde.
Das Zitat
In Erinnerung geblieben ist er vielen sicherlich durch seine Worte1:
Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Gewerkschaftler holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschaftler.
Als sie die Juden holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Jude.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.
Das Zitat stammt aus Vorträgen Niemöllers aus der frühen Nachkriegszeit. Es gibt verschiedene Versionen des Zitats, da Niemöller oft improvisiert und zu unterschiedlichsten Anlässen sprach. Der Inhalt des Gedichts ist mit zahlreichen Kontroversen verbunden, da es in verschiedenen Formen gedruckt wurde und sich je nach Version auf verschiedene Gruppen bezieht, darunter Katholiken, Zeugen Jehovas, Juden, Gewerkschaftler oder Kommunisten. Kern der Botschaft Niemöllers war jedoch, dass die Deutschen durch ihr Schweigen Mitschuld an der Inhaftierung, Verfolgung und Ermordung von Millionen von Menschen gehabt hätten. Dies traf für ihn insbesondere auf die Führung der protestantischen Kirchen zu (von denen die lutherische Kirche eine Konfession war).
Eine umstrittene Figur
In der Folge des Nationalsozialismus wurde Niemöller international als Widerstandskämpfer bekannt, er blieb jedoch stets umstritten. Erst 1963 hatte Niemöller in einem westdeutschen Fernsehinterview seinen eigenen Antisemitismus eingeräumt und bedauert.2 Er war dennoch einer der ersten Deutschen, der öffentlich über eine breiter gefasste Mitschuld am Holocaust und über Schuld an dem, was mit den Juden geschehen war, sprach. In seinem Buch Über die deutsche Schuld, Not und Hoffnung das im Januar 1946 erschien, schrieb Niemöller (Rückübersetzung aus dem Englischen):
„Wann immer ich einen Juden treffe, den ich als Christ kenne, dann kann ich nicht anders als zu sagen: ‚Lieber Freund, ich stehe vor dir, aber wir können nicht zusammen kommen, weil Schuld zwischen uns steht. Ich habe gesündigt und mein Volk hat gesündigt, gegen dein Volk und gegen dich.‘“