
Eine antisemitische Verschwörung: Die Protokolle der Weisen von Zion
Die Protokolle der Weisen von Zion sind ein antisemitisches Schriftstück, das regelmäßig herangezogen wird, um den Hass gegen Juden zu schüren. Im Jahr 1903 wurde es erstmals veröffentlicht. Die Protokolle enthalten Verschwörungstheorien über eine angebliche jüdische Weltmacht. Sie sind die am weitesten verbreitete antisemitische Publikation der Neuzeit.
Wichtige Fakten
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Die Protokolle der Weisen von Zion sind in zahlreichen Sprachen und Formen im Umlauf. Sie erscheinen in Printmedien, im Internet und in anderen Medien. Es existieren viele unterschiedliche Versionen des Buchs. Sie alle verbreiten jedoch antisemitische Verschwörungstheorien über Juden.
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Adolf Hitler und andere führende Vertreter der NSDAP wussten, dass die Protokolle nicht den Tatsachen entsprachen. Trotzdem nutzten sie das Buch als Medium, um Judenhass zu verbreiten.
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Die Protokolle sind immer wieder als Lüge entlarvt worden. Dennoch ist das Buch nach wie vor ein wirkungsvolles antisemitisches Propagandainstrument.

Die Protokolle der Weisen von Zion wurden erstmals Anfang des 20. Jahrhunderts veröffentlicht. Seither nutzen es antisemitische Verschwörungstheoretiker, um die Lüge zu untermauern, dass ein geheimes jüdisches Gremium die Welt kontrolliere. Im Laufe der Jahrzehnte sind zahllose Ausgaben und Versionen der Protokolle veröffentlicht worden. Sie werden auch heute noch veröffentlicht. In den letzten Jahren wurden die Protokolle in mehreren Medien stark verbreitet, darunter im Internet und in den sozialen Medien.
Die Protokolle wurden erstmals 1903 in einer Zeitung im Russischen Zarenreich veröffentlicht. Der Herausgeber behauptete, ein authentisches Dokument entdeckt zu haben, das den Beweis für eine jüdische Weltverschwörung liefere. Dies entsprach nicht der Wahrheit. Journalisten, Gerichte und Regierungen haben die Protokolle seither wiederholt als gefälschtes Dokument entlarvt, das antisemitische Lügen verbreitet.
Trotz der Tatsache, dass es sich um eine Fälschung handelt, werden die Protokolle seit mehr als 120 Jahren von Menschen herangezogen, die das Ziel verfolgen, Verschwörungstheorien über Juden zu verbreiten. Die Protokolle werden immer wieder an aktuelle Begebenheiten angepasst. Die Anziehungskraft der Publikation beruht – genau wie die Anziehungskraft des Verschwörungsdenkens – auf ihrer Fähigkeit, einfache Erklärungen für eine komplexe Welt zu liefern.
Was sind Die Protokolle der Weisen von Zion?
Bei den Protokollen soll es sich den Behauptungen nach um geheime, schriftliche Aufzeichnungen von Zusammenkünften handeln, die angeblich von den „Weisen von Zion“ abgehalten wurden. Die besagten Treffen haben nie stattgefunden, und die angeblichen Anführer, die so genannten Weisen von Zion, haben nie existiert.
Die ersten Veröffentlichungen bestanden aus 24 Kapiteln bzw. „Protokollen“. In den einzelnen Kapiteln seien angeblich die geheimen Pläne der Weisen dokumentiert, die darauf abzielen sollen, Weltpolitik, Wirtschaft, Finanzmärkte, Medien, Bildung und andere Bereiche der Gesellschaft zum Vorteil der Juden zu kontrollieren. Eine weitere antisemitische Lüge ist die Behauptung, die Juden würden das Christentum und alle anderen Weltreligionen vernichten wollen. In den Protokollen wird auch behauptet, Juden würden davon profitieren, die Welt in einem Kriegszustand zu halten.
Es gibt verschiedene Versionen oder Ausgaben der Protokolle, die jedoch alle demselben Zweck dienen: die Verantwortung für die Probleme der Welt den Juden zuzuschieben. Damit werden Juden zum Sündenbock für die Fehler anderer gemacht. Das Ziel der Verbreiter der Protokolle besteht stets darin, Juden für verschiedenste Probleme verantwortlich zu machen, um sie zu dämonisieren.
Althergebrachte antisemitische Verschwörungstheorien und die Protokolle
Antisemitische Verschwörungstheorien gibt es bereits seit vielen Jahrhunderten. Die Theorien haben sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt und bedienen sich religiöser, wirtschaftlicher, nationalistischer und rassistischer Ideen, um den Hass auf Juden zu schüren. Juden wurden zu Unrecht beschuldigt, Jesus getötet zu haben (Gottesmord), Kriege und Revolutionen herbeigeführt und sogar Seuchen und Epidemien verbreitet zu haben. Sie wurden zu Unrecht beschuldigt, die Politik und die Weltwirtschaft zu kontrollieren.
Im 19. Jahrhundert nahm der Antisemitismus zu. Zu dieser Zeit durchliefen die europäischen und nordamerikanischen Gesellschaften umfassende soziale, wirtschaftliche und politische Veränderungen. Aufgrund der Fortschritte in der Kommunikation und Drucktechnik konnten Ideen schneller in der ganzen Welt verbreitet werden. Eine der damaligen antisemitischen Strömungen behauptete, Juden hätten all diese Veränderungen zu ihrem eigenen Vorteil inszeniert. Derartige antisemitische Verschwörungstheorien tauchen in vielen Versionen der Protokolle auf.
Die Protokolle haben die Vorurteile gegen Juden zwar nicht in die Welt gesetzt, aber sie in einer einzigen Quelle zusammengefasst. Das Buch betont die gängigsten antisemitischen Verschwörungstheorien und verstärkt sie.
Ursprung der Protokolle: Der Anfang der Lüge
Die erste Fassung der Protokolle der Weisen von Zion stammt aus dem Jahr 1903. Im Herbst dieses Jahres wurden die Protokolle in der Znamia (Der Banner), einer im russischen St. Petersburg herausgegebenen Zeitung, veröffentlicht. Die Znamia gehörte Pavel Kruschewan. Kruschewan war ein erfolgreicher Schriftsteller und radikaler Antisemit. Er besaß mehrere Zeitungen im Russischen Zarenreich und nutzte sie, um den Hass gegen Juden zu schüren. Im April 1903 waren unter anderem antisemitische Artikel in einer von Kruschewans Zeitungen Auslöser für ein Pogrom in Kischinew.
Einige Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass Kruschewan der ursprüngliche Verfasser der Protokolle war. Als der Text in seiner Zeitung erschien, hatte er Vorwort und Nachwort geschrieben. Er behauptete, bei den Protokollen handele es sich um die Aufzeichnungen einer Zusammenkunft der „Weltunion der Freimaurer und der Weisen von Zion“ und beschuldigte die Juden, die Weltherrschaft erlangen zu wollen. Als angeblichen Beweis führte er die aufkommende zionistische Bewegung an. Im Einklang mit anderen nationalistischen Bewegungen der damaligen Zeit setzte sich der Zionismus für einen unabhängigen jüdischen Staat im alten jüdischen Heimatland ein. Einige behaupteten, die Protokolle seien das Sitzungsprotokoll des Ersten Zionistenkongresses, der 1897 im schweizerischen Basel stattfand. Dies ist nicht zutreffend.
Im Jahr 1905 wurden die Protokolle als Anhang zum Buch „Das Große im Kleinen: Nahe ist der heran schreitende Antichrist und das Reich des Teufels auf der Erde“ veröffentlicht. Autor des Buches war der antisemitische russische Mystiker Sergei Nilus. In seinem Buch behauptet er, Juden seien die Agenten satanischer Mächte, die versuchten, die Welt zu zerstören.
Weltweite Verbreitung der Protokolle
Nach der bolschewistischen Revolution von 1917 kursierten Die Protokolle der Weisen von Zion allmählich in größerem Umfang. 1917 dankte der russische Zar inmitten eines Volksaufstands ab. Die Demonstranten forderten Lebensmittel, das Ende des Ersten Weltkriegs und ein Ende der zaristischen Herrschaft. Einige Monate später übernahm die Bolschewistische Partei mit einem Staatsstreich, der so genannten bolschewistischen Revolution, die Macht in Russland. Die Bolschewistische Partei wurde später als Kommunistische Partei bekannt.
Die Angst, ähnliche kommunistische Revolutionen könnten sich in ganz Europa ausbreiten, nährte eine der zentralen antisemitischen Verschwörungstheorien, die in den Protokollen enthalten war, nämlich dass Juden die Verbreiter des Kommunismus seien und die Revolution geplant hätten. Diese Unterstellung wird oft als „Judäo-Bolschewismus“ bezeichnet.
In den folgenden Jahren trafen die Protokolle in vielen anderen Ländern auf offene Ohren. Sie wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und in der ganzen Welt veröffentlicht. 1919 erschien eine deutschsprachige Ausgabe in Deutschland. In den 1920er Jahren tauchten in ganz Europa und in den Vereinigten Staaten Versionen der Protokolle auf. Eine französische Übersetzung erschien in Paris, englische Übersetzungen in London, New York und Boston. Bald darauf gab es Ausgaben auf Japanisch (1920), Italienisch (1921), Schwedisch (1921), Norwegisch (1921) und Polnisch (1923). In Syrien gab es bereits 1925 eine arabische Übersetzung.
Die Protokolle waren Inspiration für viele weitere Schriftstücke, in denen antisemitische Verschwörungstheorien verbreitet wurden. Eines der bekanntesten Bücher in den Vereinigten Staaten war Henry Fords The International Jew: The World’s Foremost Problem. Ford war Gründer der Ford Motor Company. In den 1920er Jahren gehörte er zu den berühmtesten und angesehensten Persönlichkeiten der Vereinigten Staaten. Der internationale Jude: ein Weltproblem, wie der Titel auf Deutsch lautet, wurde zuerst in Fords Zeitung, The Dearborn Independent, abgedruckt. Schnell wurde der Inhalt auch als Buch veröffentlicht und in mindestens 16 Sprachen übersetzt, darunter auch ins Deutsche. Die Führer der NSDAP, unter ihnen Adolf Hitler, ließen sich von Der internationale Jude inspirieren.
In den Protokollen, die in der ganzen Welt zirkulierten, wurden die Einzelheiten oft angepasst, um aktuellen Ereignissen und lokalen Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Dies ist einer der Gründe, warum der Inhalt der Protokolle je nach Ausgabe und Sprache variiert. Die antisemitischen Kerngedanken sind jedoch in allen Versionen die gleichen.
Entlarvung der Protokolle als Lüge: 1920er Jahre
1920 veröffentlichte der britische Journalist und Diplomat Lucien Wolf ein Buch, in dem er die Protokolle als Lüge entlarvte. Er hatte herausgefunden, dass ein Kapitel des deutschsprachigen Romans Biarritz (1868) Konzepte enthielt, die als Vorlage der Erfindung dienten. In dem fiktiven Werk treffen sich die jüdischen Führer heimlich auf dem Alten Jüdischen Friedhof in Prag. Am Ende des Treffens kommt der Teufel dazu, um sie zu unterstützen.
Im folgenden Jahr erklärte die Londoner The Times die Protokolle zu einer „plumpen Fälschung“. The Times hatte entdeckt, dass ein Großteil der Protokolle aus einer kaum bekannten französischen politischen Satire übernommen worden war: Maurice Jolys Dialog in der Hölle zwischen Machiavelli und Montesquieu (1864). Im Dialog in der Hölle werden Juden nicht erwähnt.
Auch in den Vereinigten Staaten und in Deutschland wurden die Protokolle bald zur Fiktion erklärt. 1921 veröffentlichte der New York Herald-Reporter Herman Bernstein The History of a Lie: The Protocols of the Wise Men of Zion. Drei Jahre später brachte der deutsche Journalist Benjamin Segel Die Protokolle der Weisen von Zion, kritisch beleuchtet heraus. In einem Vorwort zur englischen Ausgabe seines Buches schrieb Segel:
„Diese Fälschung hat den Juden unsägliches Leid zugefügt und übt weiterhin einen unsäglichen Zauber auf den Geist der verführten Massen aus."
Adolf Hitler und die Protokolle
Anfang der 1920er Jahre wurde Adolf Hitler von Alfred Rosenberg, dem führenden Ideologen der NSDAP, auf die Protokolle aufmerksam gemacht. Die darin enthaltenen Verschwörungstheorien bestärkten Hitler in seiner bereits ausgeprägten Überzeugung, dass die Juden für die deutschen Verluste im Ersten Weltkrieg verantwortlich seien.
In einigen seiner ersten politischen Reden der 1920er Jahre bezog sich Hitler auf die Protokolle. Auch in seiner Autobiographie Mein Kampf (1925) erwähnte er das Buch. Hitler behauptete, die Protokolle „decken mit geradezu grauenerregender Sicherheit das Wesen und die Tätigkeit des Judenvolkes auf“ und „legten deren letzte Schlußziele dar.“ Er prophezeite außerdem, dass die „jüdische Gefahr“ als gebrochen gelten dürfe, „wenn dieses Buch erst einmal Gemeingut des Volkes geworden sein wird“.
Nachdem er 1933 zum Reichskanzler ernannt worden war, bezog sich Hitler in öffentlichen Reden nicht mehr direkt auf die Protokolle. Er griff allerdings viele der Lügen aus dem Buch auf. Dazu gehörte auch die Behauptung, die Juden seien für die Ausbreitung des Kommunismus verantwortlich. Diese antisemitische Verschwörungstheorie ist als Judäo-Bolschewismus bekannt.
NS-Propaganda und die Protokolle
Die Protokolle waren bereits mehr als ein Jahrzehnt vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 als Lüge entlarvt worden. Dennoch nutzte die NS-Propaganda die Protokolle gelegentlich, um die Deutschen davon zu überzeugen, dass Deutschland sich gegen jüdische Angreifer verteidigen müsse. Obwohl die meisten Deutschen die Protokolle nicht gelesen haben dürften, waren sie aufgrund der unerbittlichen NS-Propaganda mit den antisemitischen Inhalten vertraut.
Joseph Goebbels, Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, war sich bewusst, dass er die Protokolle zur Dämonisierung der Juden verwenden konnte. Lange vor seinem Amtsantritt erwähnte Goebbels die Protokolle in seinem Tagebuch. Darin hieß es sinngemäß: „Ich glaube, dass die Protokolle der Weisen von Zion eine Fälschung sind.” Weiter schrieb er: „Ich glaube an die innere, aber nicht an die faktische Wahrheit der Protokolle“. Für Goebbels kam es lediglich darauf an, dass die Protokolle geeignet waren, die antisemitische Agenda der Nationalsozialisten voranzutreiben.
Einige der aggressivsten antisemitischen Propagandisten der NSDAP nutzten die Protokolle für ihre Zwecke. Julius Streicher, Herausgeber der antisemitischen Zeitung Der Stürmer, veröffentlichte beispielsweise in den 1930er Jahren zahlreiche Artikel, die sich auf Ideen aus den Protokollen stützten. Der Zentralverlag der NSDAP, der Franz-Eher-Verlag, gab zwischen 1919 und 1938 insgesamt 22 Ausgaben der Protokolle heraus.
Entlarvung der Protokolle als Lüge: 1930er Jahre
Auch außerhalb Deutschlands verbreiteten Sympathisanten der Nationalsozialisten Ausgaben der Protokolle. Zweimal waren ihre Aktionen Gegenstand eines Gerichtsverfahrens.
Im Jahr 1934 wurde im südafrikanischen Grahamstown ein Verfahren gegen die Führer des South African Gentile National Socialist Movement eingeleitet, deren Mitglieder als „Greyshirts“ bekannt waren. Die Nazi-Sympathisanten wurden zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie ein Dokument in Umlauf gebracht hatten, das den Protokollen ähnelte. Eine Abteilung des südafrikanischen Obersten Gerichtshofs entschied, dass es sich bei den Protokollen um ein „verleumderisches Dokument“ handele.
1935 verurteilte das Berner Obergericht zwei NS-Führer wegen Verbreitung einer deutschsprachigen Version der Protokolle anlässlich einer Demonstration der Nationalen Front. Die Nationale Front war eine extrem nationalistische, antisemitische Organisation in Bern. Der Gerichtspräsident bezeichnete die Protokolle als „Schundliteratur“.
Nationalsozialistische Ausgaben der Protokolle während des Zweiten Weltkriegs
Während des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) überfiel und besetzte Deutschland große Teile Europas, darunter Teile der Sowjetunion. In den von ihnen besetzten Ländern verteilten die Nationalsozialisten die Protokolle. Selbst nachdem Millionen von Juden im Rahmen der „Endlösung“ ermordet worden waren, veröffentlichten die deutschen Behörden 1943 Ausgaben der Protokolle auf Russisch, Ukrainisch und Weißrussisch. Versionen der Protokolle sowie andere Texte, die Lügen über jüdische Verschwörungen verbreiteten, erschienen auch im deutsch besetzten Frankreich, Belgien und Polen.
Entlarvung der Protokolle als Lüge: Nach dem Holocaust
1964 veröffentlichte ein Unterausschuss des US-Senats einen Bericht, in dem es hieß, die Protokolle seien „eine bösartige Täuschung“. Der Bericht wurde in einer Zeit zunehmender Besorgnis über den Kommunismus während des Kalten Krieges verfasst. Es wurde erklärt, die Protokolle seien „eines von mehreren betrügerischen Dokumenten“, die „mit dem Mythos einer 'internationalen jüdischen Verschwörung' hausieren gingen“. Der Senat bezeichnete die Protokolle als „Unsinn“.
Antisemitismus, Holocaust-Leugnung und die Protokolle heute

Die Aufdeckung der Protokolle der Weisen von Zion als Lüge konnte die Wirkung des Buchs auch nach dem Holocaust nicht mindern. Die Protokolle und die verschwörerischen Ansichten über Juden befördern nach wie vor den Antisemitismus. Die Ausgaben der Protokolle sind in zahlreichen Sprachen sowohl in gedruckter Form als auch online erhältlich. Oft werden Hinweise auf das Buch in den sozialen Medien gepostet. Einem Bericht des US-Außenministeriums aus dem Jahr 2024 zufolge haben die Protokolle in ihrem Ursprungsland Russland nach wie vor großen Einfluss.
In einigen neueren Ausgaben der Protokolle werden Juden für die COVID-19-Pandemie verantwortlich gemacht. Sie geben Juden die Schuld an Kriegen und Terroranschlägen (wie den Anschlägen in den USA am 11. September 2001). In einigen Regionen der Welt wurden die Protokolle in die Schulbücher aufgenommen. Sie dienen sogar als Vorlage für Fernsehsendungen.
Darüber hinaus werden die Protokolle auch in der politischen Propaganda und von Staatsoberhäuptern verwendet. So hat beispielsweise der ehemalige iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad (2005-2013) in seiner antisemitischen Rhetorik Themen aus den Protokollen aufgegriffen. Andere einflussreiche politische und gesellschaftliche Führer, insbesondere im Nahen Osten, haben öffentlich behauptet, das Buch sei authentisch. Die Terrororganisation Hamas berief sich ebenfalls auf die Protokolle, um ihren Aufruf zur Vernichtung des jüdischen Volkes und des Staates Israel zu rechtfertigen.
Einige neuere Versionen der Protokolle leugnen, dass der Holocaust je stattgefunden hat (Holocaust-Leugnung). Andere Ausgaben wiederum verzerren die Geschichte des Holocaust. So wird in einigen Ausgaben behauptet, Juden hätten mit den Nazis kooperiert, um den Staat Israel zu gründen.
Der Zweck der zeitgenössischen Adaptionen der Protokolle ist nach wie vor derselbe: die Verbreitung antisemitischer Verschwörungstheorien über Juden.
Fußnoten
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Footnote reference1.
Jahrhundertelang glaubten viele Christen, dass Juden mit der Ermordung Jesu einen Gottesmord begangen hätten. Tatsächlich wurde Jesus von römischen Behörden getötet. Die Führer verschiedener christlicher Traditionen bekräftigten diese falsche Auffassung in ihren offiziellen Lehren. Erst im späten 20. Jahrhundert haben einige christliche Kirchen den Vorwurf des Gottesmordes als falsch verurteilt. Die römisch-katholische Kirche zum Beispiel hat diese Lügen im Rahmen des Zweiten Vatikanischen Konzils 1965 zurückgewiesen.
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Footnote reference2.
Im April 1903 gingen nichtjüdische Einwohner drei Tage lang gegen ihre jüdischen Nachbarn vor. Hunderte von Juden wurden verletzt, mehr als vierzig ermordet. Dem Pogrom von Kischinjow ging eine antisemitische Propaganda voraus, die unter anderem den Vorwurf der Blutverleumdung enthielt. Die Täter rechtfertigten ihre Taten mit dem Argument der Selbstverteidigung gegen die jüdische Aggression.
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Footnote reference3.
Die Freimaurer sind eine freiwillige, brüderliche Organisation. Ihre Wurzeln reichen viele Hundert Jahre zurück, möglicherweise sogar bis in das 14. Jahrhundert. Im 20. Jahrhundert behaupteten sowohl Antisemiten als auch Gegner der Freimaurerei, dass Juden die freimaurerische Ideologie und internationale Verbindungen für schändliche Zwecke manipulierten. Einige Verschwörungstheoretiker gingen dazu über, Juden und Freimaurer miteinander in Verbindung zu bringen, indem sie behaupteten, die Logen stünden im Dienst der „Weisen von Zion“.
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Footnote reference4.
Genau wie die Protokolle ist auch der Judäo-Bolschewismus eine Verschwörungstheorie. Er stützt sich auf bestehende antisemitische Vorstellungen über angebliche jüdische Komplotte und wird oft herangezogen, um zur Gewalt gegen Juden aufzurufen.
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Footnote reference5.
Biarritz wurde von Hermann Goedsche geschrieben, einem Postbeamten und Spion der preußischen Geheimpolizei. Er veröffentlichte das Buch unter dem Pseudonym „John Retcliffe“.